Berlin (dpo) - Bei der nächsten Bundestagswahl drohen mehrere etablierte Parteien wie die Linke oder die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Um das System kleineren Parteien gegenüber fairer zu gestalten, hat die Bundesregierung nun die Einführung einer zweiten Bundestagsliga beschlossen.
"Wir beobachten zunehmend eine Zersplitterung der Wählerstimmen", erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit bei der Bundespressekonferenz. "Ein gesondertes Parlament der zweiten Liga, das sich aus Kleinparteien zusammensetzt, die nicht die nötige Klasse für den Bundestag haben, trägt dem Rechnung."
Im zweiten Bundestag, der voraussichtlich in einer alten Lagerhalle in Brandenburg zusammenkommen soll, können Politiker debattieren und Gesetzesvorhaben einbringen. Dabei bleiben jedoch sämtliche Beschlüsse wirkungslos. Zudem sind die Diäten deutlich niedriger.
Erhält eine Partei der zweiten Bundestagsliga bei der nächsten Wahl genug Stimmen, steigt sie in den ersten Bundestag auf und kann erstklassig politisch arbeiten. Transfers von der zweiten in die erste Liga und umgekehrt sind dabei zunächst nicht zulässig.
Gründungsmitglieder sind unter anderem die Freien Wähler, die Tierschutzpartei, die Heimat (vormals NPD), die Basis, Volt sowie die Piratenpartei. Zudem könnten nach der Bundestagswahl im Februar noch die FDP, die Linke oder das BSW absteigen.
Pläne für einen zusätzlichen Bundestagspokal, in dem Parteien der ersten und zweiten Liga gegeneinander abstimmen, hatte die Regierung im Vorfeld verworfen.
Für Beobachter ist die Neuerung vor allem ein Zeichen dafür, dass die Kanzlerpartei SPD angesichts miserabler Umfragewerte für sich selbst für die Zeit nach der Bundestagswahl vorsorgen will.
Bei den Sozialdemokraten ist man hingegen bemüht, sämtliche Sorgen um ein Ausscheiden aus dem Bundestag zu zerstreuen: Am Dienstagvormittag wurde im Willy-Brandt-Haus eine große Uhr installiert, die anzeigt, wie lange die SPD bereits in der ersten Bundestagsliga verweilt.
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