Berlin (dpo) - Als man bei der Deutschen Bahn in dieser Woche eine Stellenanzeige aufgab, in der ein Windows-3.11-Admin gesucht wird, war die Personalabteilung noch wenig optimistisch. Doch wie es der Zufall wollte, kam genau heute ein Mann mit über 30 Jahren Verspätung in Berlin an, der genau auf diesem Feld Experte ist.
"Ja, ich habe Anfang der 90er Informatik studiert und ja, ich bin Experte auf dem Gebiet Windows 3.11, das damals noch brandneu war", bestätigte Walter Kronau aus Stuttgart, der im September 1993 einen Zug bestieg, weil er sich bei einer Software-Firma in Berlin bewerben wollte. "Leider hatte mein Zug dann aber die bahntypische Verspätung, weshalb ich nicht nur mein Bewerbungsgespräch, sondern gleich mehrere Jahrzehnte verpasste."
Tatsächlich saß der heute 58-jährige System-Administrator mehr als die Hälfte seines Lebens im Zug, der sich zunächst nur um wenige Minuten (Überholung durch einen schnelleren Zug), dann um einige Stunden (Signalstörung), dann um Tage (Streckenumleitung), dann um Wochen (Tür defekt), dann um Monate (Tiere im Gleis) und schließlich 30 Jahre (Oberleitungsstörung) verzögerte.
Trotz dieser schlechten Erfahrungen will sich Kronau nun bei der Bahn bewerben. "Was bleibt mir anderes übrig? Die Firma, bei der ich ursprünglich eingeladen war, existiert seit 19 Jahren nicht mehr. Die Bahn ist der einzige Ort, wo man mit Windows-3.11-Expertise noch punkten kann."
Seine Arbeitsstelle bei der Bahn antreten könnte Kronau allerdings erst ab März. Denn zuvor will er erst einmal nach Hause nach Stuttgart fahren, um herauszufinden, ob seine Eltern nach all den Jahren noch leben und ob seine Freundin Ute ihn noch liebt. Mit einem Auto.
adg, ssi