Vechta (dpo) - In den Medien wurde die festgenommene Terroristin Daniela Klette mitunter als "RAF-Rentnerin" belächelt – offenbar eine fatale Fehleinschätzung: Am Mittwochmorgen hat die 65-Jährige nach Angaben der Polizei ihre Bewacher in der Justizvollzugsanstalt Vechta überwältigt und 24 Geiseln genommen. Derzeit verhandelt sie um ihre Freilassung.
"Es ging alles ganz schnell", schilderte eine Angestellte der JVA, die sich noch rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte. "Sie setzte ihre beiden Bewacher mit gezielten Tritten außer Gefecht und nahm ihre Schusswaffen an sich. Dann brachte sie den gesamten Westtrakt unter Kontrolle."
Medienberichten zufolge praktizierte Klette jahrelang die brasilianische Kampfsportart Capoeira – ein Umstand, der offenbar nicht ernst genommen wurde.
Laut Polizei, die das Gebäude inzwischen umstellt hat, fordert die RAF-Terroristin direkte Verhandlungen mit Bundeskanzler Helmut Schmidt. Bei ihm will sie die sofortige Freilassung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe aus der Haft in Stammheim erwirken.
Weiterhin fordert sie offenbar ein vollgetanktes Sportflugzeug, mit dem sie die BRD in Richtung Palästina verlassen könnte.
Derzeit sucht die Polizei fieberhaft nach Lösungen, um die Geiselnehmerin zu besänftigen. Sogar Journalist Stefan Aust wurde zur Unterstützung nach Vechta eingeflogen.
Erste Überlegungen, Bundeskanzler Olaf Scholz in die Verhandlung zu schicken, wurden schnell wieder verworfen. Zu groß ist die Sorge, dass die Terroristin, die Helmut Schmidt erwartet, aus Enttäuschung alle Geiseln erschießt.
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