Brüssel (dpo) - Diesen Präzedenzfall hätte er lieber nicht schaffen sollen: Nachdem Viktor Orban sich am Donnerstag bereit erklärt hatte, den Raum zu verlassen, damit ohne ihn für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine abgestimmt werden kann, traut sich er sich heute am zweiten Tag des EU-Gipfels nicht mehr auf die Toilette.
"Oje, oje, oje", murmelt der ungarische Regierungschef, während er von einem Bein aufs andere tritt. "Wenn ich jetzt für kleine Jungs gehe, dann stimmen die einfach ohne mich über weitere Ukrainehilfen ab und ich kann sie nicht um Milliarden erpressen."
Laut sagt er in Richtung Sitzungsleitung: "Ja, also können wir jetzt endlich abstimmen? Ich müsste mal wohin."
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte winkt ab. "Aber nicht doch, Viktor. Wir haben doch alle Zeit der Welt." Er trinkt sein Glas in gierigen Schlücken leer und gießt sich laut hörbar aus einem Krug neues Wasser ein. "Ah, wie schön das plätschert. Willst du auch frisches Mineralwasser, Viktor?"
Orban tupft sich mit einem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. "Nein, danke. Ich finde, wir sollten die Abstimmung jetzt wirklich nicht länger verschieben!" Bundeskanzler Olaf Scholz hält ihm eine Kanne entgegen. "Kaffee gefällig? Das entwässert den Körper und hält fit bei solchen langen Verhandlungsmarathons. Nein? Okay."
Estlands Ministerpräsidentin wirft ein: "Die Abstimmung kann warten. Aber hab ich euch schon mal von den Jägala-Wasserfällen in meinem Heimatland erzählt? Tolle Sehenswürdigkeit. Fast acht Meter hoch und über 50 Meter breit. Was da für Wassermassen täglich hinunterrauschen… Kaum zu glauben!"
Orban blickt nach oben und murmelt: "Es geht um 12 Milliarden für mi… äh für Ungarn. Ich muss stark bleiben."
Plötzlich ertönt ein Plätschern, als der französische Staatschef Emmanuel Macron einen neuen Tisch-Springbrunnen in Betrieb nimmt. "Toll, oder? Das schafft direkt eine angenehmere Arbeitsathmosphäre", so der Franzose, während das Wasser fröhlich vor ihm umhersprudelt. "Und die Funktionsweise ist wirklich raffiniert. Viktor, schau dir das mal an. Das musst du gesehen haben."
Bei Veröffentlichung dieses Artikels bildete sich gerade eine verdächtige Pfütze unter dem Stuhl des ungarischen Ministerpräsidenten.
ssi, dan; Foto: Imago