Berlin, Tallinn (dpo) - Während wir versagen, sind sie die europäischen Spitzenreiter: Estnische Schüler haben beim PISA-Test so gut abgeschnitten wie kein anderes Land in Europa. Nun will Deutschland vom Erfolg Estlands lernen. Laut einem Beschluss des Bildungsministeriums sollen deutsche Schüler künftig vollständig auf Estnisch unterrichtet werden.
"Wir haben natürlich sofort geschaut, was die Esten anders machen als wir hier in Deutschland", erklärt Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger. "Was uns abgesehen von ein paar unwichtigen Sachen wie individueller Förderung oder Gesamtschulen bis zur 9. Klasse sofort ins Auge fiel: Der Unterricht findet vollständig auf Estnisch statt – ein Konzept, das selbst führenden deutschen Experten bislang fremd war."
Doch angesichts der miserablen deutschen Ergebnisse ist die Bundesregierung mehr als willens, das Erfolgsmodell des baltischen Landes schnellstmöglich zu kopieren. "Offenbar versteht man Unterrichtsinhalte auf Estnisch einfach besser", mutmaßt die Ministerin.
Bereits ab dem kommenden Schuljahr soll der Unterricht in allen Fächern und Jahrgangsstufen komplett auf Estnisch stattfinden. "Entsprechende Lehrpläne oder Õppekavad, wie die Esten sagen, sind bereits in Arbeit", so Stark-Watzinger. "Selbst der Deutschunterricht wird auf Estnisch abgehalten werden."
Ab dem Frühjahr sollen zudem die ersten deutschen Lehrkräfte mit Estnisch-Crashkursen beginnen, um die neuen Standards zu erfüllen.
"Zusätzlich werden wir so viele Lehrer wie möglich direkt in Estland abwerben", erklärt die Ministerin. "Aktuell ist der Andrang leider noch nicht sehr hoch, weil die meisten von unseren Klassengrößen und dem Zustand der Schulgebäude schockiert sind. Aber wir bleiben dran."
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