Potsdam (dpo) - Was für Kinder gut ist, kann auch für Senioren nur hilfreich sein: Bei Potsdam hat in dieser Woche mit der "Forstresidenz Finstere Fichte" das erste Waldseniorenheim seine Bauwagentür geöffnet. Angelehnt an das Konzept des Waldkindergartens verbringen Bewohner ihre Zeit hier direkt in der Natur.
"Gerade im Alter ziehen sich viele Menschen mit der Zeit oft völlig nach drinnen zurück und sitzen nur vor dem Fernseher", erklärt Heimleiterin Luisa Happe. "Dem wollen wir hier gezielt entgegenwirken. Statt Glotze und Bingo gibt es hier Kastaniensammeln und Holzhacken."
Mit dem neuartigen Konzept der Altenpflege hat die "Forstresidenz" offenbar einen Hit gelandet: Alle der zunächst 25 Plätze sind bereits zum Start voll besetzt. "Nur einer, der Helmut, ist nach drei Tagen Regen wieder abgereist. Der hatte aber auch keine Jacke mitgebracht", so Happe. "Dabei sagen wir den Angehörigen immer ausdrücklich, dass wetterfeste Kleidung, Gummistiefel und ein Klappspaten für den Toilettengang unabdingbar sind."
Eine Seniorin mit zerzaustem Haar und einer Axt in der Hand kommt auf Luisa Happe zu. Die Heimleiterin schaut sie erstaunt an. "Hannelore? Schon fertig mit dem Brennholz? Ohweh, ich sehe da hinten noch einen ganzen Haufen Scheite. Bis die nicht gehackt sind gibt's keinen Kaffee und Kuchen. Na los!"
Sie blickt der 84-Jährigen zufrieden hinterher. "Als die zu uns kam, hat die höchstens mal eine Stricknadel hochgehoben. Nächste Woche wird sie mit Wolfgang und Günther anfangen, den Carport für die Pfleger zu bauen."
Bei so viel Zuspruch könnten Waldaltersheime tatsächlich zum nächsten großen Trend in der Seniorenbetreuung werden. Kritiker gibt es derzeit jedenfalls nur vereinzelt. Sie fürchten etwa, dass es Wölfe anlocken könnte, wenn sich zu viele Großmütter gleichzeitig im Wald aufhalten.
cla, dan, ssi; Foto: Shutterstock; Erstveröffentlichung: 19.10.22