Es ist ein historischer Besuch, auf den viele gewartet haben: Bundeskanzler Olaf Scholz ist in dieser Woche gemeinsam mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi nach Kiew gefahren, um Unterstützung für die Ukraine zu signalisieren. Hier sind die Highlights der aufsehenerregenden Reise:
Anreise mit dem Nachtzug ab Polen:
Mittwoch, 21:03 Uhr: Fahrkartenkontrolle
Während Macron und Draghi gültige Tickets vorweisen können, muss Scholz schmerzhaft feststellen, dass das 9-Euro-Ticket nicht in der Ukraine gilt. Die Folge: 1200 Hrywnja (39,12 Euro) Strafe für Schwarzfahren.
21:28 Uhr: Geselliges Beisammensein
Ergebnis beim Uno-Spielen: Fünf Siege für Macron, drei Siege für Draghi, null Siege für Scholz.
22:14 Uhr: Uneinigkeit im Schlafabteil
Macron ("Ich schlaf oben."), Draghi ("Nein, ich will oben schlafen!") und Scholz ("Ich will nicht alleine schlafen.") können sich nicht einigen, wer wo im Schlafabteil liegt. Zwischenzeitlich ist die Diskussion so hitzig, dass in Frankreich, Italien und Deutschland die Generalmobilmachung eingeleitet wird. Schließlich gelingt es den dreien in einer diplomatischen Glanzleistung, ein komplexes Wechselsystem mit Schlafkontigenten von jeweils 2 Stunden und 17 Minuten zu vereinbaren ("Macron-Scholz-Draghi-Abkommen").
Donnerstag, 05:38 Uhr: Unangenehme Zufallsbegegnung
Als Scholz morgens auf die Toilette geht, trifft er Russlands Präsident Wladimir Putin, der zufällig im selben Zug sitzt. Die Folge: peinlich berührtes Schweigen, während die beiden darauf warten, bis die Toilette frei wird. Erst ab der Haltestelle Schytomyr kann Scholz aufatmen, da Putin dort in den Zug nach Moskau umsteigt.
Vor Ort:
8:52 Uhr: Stilfragen
In den sozialen Netzwerken gibt es scharfe Kritik an Scholz' Kleidungsstil – der Kanzler trug im Gegensatz zu den Anzugträgern Macron und Draghi lediglich ein Kurzarmhemd. Dabei war das Verhalten des SPD-Politikers durchaus clever: Bei aller Aufregung um das Kurzarmhemd entging den meisten Beobachtern, dass Scholz beim Verlassen des Zuges in Kiew gar keine Hose anhatte:
9:11 Uhr: Check-in im Hotel
Olaf Scholz verzögert den Check-In des Trios um mehr als 15 Minuten, nachdem er in gebrochenem Englisch an der Rezeption sein zuvor gebuchtes Frühstück abbestellt ("No thank you, I have several Butterbrots with me!"). Genervtes Augenrollen bei Macron und Draghi.
10:12 Uhr: Iohannis
Wie aus dem Nichts taucht plötzlich auch der rumänische Präsident Klaus Iohannis in Kiew auf und weicht Draghi, Scholz und Macron nicht mehr von der Seite. Die drei bringen es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass sich heute eigentlich nur die wichtigsten EU-Länder mit Selenskyj treffen wollten und nehmen ihn aus Höflichkeit überallhin mit.
11:40 Uhr: Besuch in Irpin
Enttäuschung bei Scholz, der auf eine beschauliche Sightseeing-Tour statt auf zerbombte Ruinen gehofft hatte.
12:38 Uhr: Treffen zu Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten
Enttäuschung bei Selenskyj, der auf schwere Waffen statt auf Scholz gehofft hatte.
13: 59 Uhr: Gekonnte Ablenkung
Selenskyj fragt Scholz, wo denn eigentlich die Waffen stecken, die Deutschland der Ukraine bisher versprochen hat. Der Bundeskanzler wirft seine Aktentasche in die Luft, schreit laut "Wespe!" und rennt mit den Armen wedelnd davon. Selenskyj meidet das Thema für den Rest des Besuchs.
14:38 Uhr: Das Angebot
Ganz ohne Zusagen sind Draghi, Scholz und Macron (und Iohannis) nicht nach Kiew gekommen. Sie versprechen Selenskyj, sich dafür einzusetzen, dass sein Land EU-Beitrittskandidat wird. Seltsamerweise wurde diese Nachricht in der Ukraine nicht mit Gemecker über EU-Bürokratie und unfähige EU-Politiker bedacht, sondern mit großer Freude aufgenommen. Ein seltsames Völkchen.
Abreise
Freitag, 06:11 Uhr: Frühstück
Macron und Draghi (und Iohannis) vereinbaren beim Frühstück ein wichtiges Handelsabkommen zwischen Frankreich und Italien (und Rumänien). Scholz verpasst die Gelegenheit, weil er auf seinem Zimmer Butterbrote isst.
07:20 Uhr: Abschied
Iohannis, der jetzt international deutlich bekannter sein dürfte, weil er sich mit Scholz, Draghi und Macron gezeigt hat, verabschiedet sich von seinen Amtskollegen, die jetzt international deutlich unbekannter sein dürften, weil sie sich mit Iohannis gezeigt haben.
17:33 Uhr: Heimkehr
Am Freitag kommt Olaf Scholz schließlich gegen 16 Uhr mit vier Stunden Verspätung (Signalstörung, Schienenersatzverkehr, Personenschaden, Triebfahrzeugsschaden, Kuh auf dem Gleis, Weichenstörung, Zugfolgeverspätung wegen überholendem ICE, Polizeieinsatz etc.) wieder in Berlin an (diesmal mit Hose).
Fotos: Imago, dpa