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Hoffnung für die Ukraine? Papst will Putin treffen

Rom, Moskau (dpo) - Das haben dem Papst wohl nicht viele zugetraut: Bereits vor Monaten hat Franziskus I. überraschend verkündet, er wolle Wladimir Putin in Moskau treffen. Während einige den radikalen Entschluss begrüßen und hoffen, dass durch ein päpstliches Attentat auf den russischen Präsidenten der Krieg in der Ukraine ein baldiges Ende finden wird, sorgen sich andere um die Folgen.

Fakt ist: Das Vorhaben des Papstes ist schon jetzt historisch. "Noch nie zuvor in der Geschichte des Heiligen Stuhls hat ein Kirchenoberhaupt öffentlich ein Attentat auf einen Staatschef angekündigt", erklärt Kirchenhistorikerin Annette Vlies-Delaney. "Immerhin gilt die katholische Kirche als geistliche Instanz und greift sonst eher auf die Macht des Gebetes zurück, als derart knallhart in die Politik einzugreifen."

Dabei erscheint fraglich, ob ein erfolgreiches Attentat auf Wladimir Putin durch Papst Franziskus überhaupt das erwünschte Ergebnis brächte. Russlandexperten, Militärhistoriker und Staatsrechtler zeigen sich hier unsicher.

"Der plötzliche Verlust seines Präsidenten würde Russland natürlich erstmal in Chaos stürzen", erklärt Postillon-Moskau-Korrespondent Sören Ustov. "Aber ob es wirklich dem Weltfrieden dienlich ist, wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche eiskalt den Staatschef tötet… Da vermag ich keine Prognose abzugeben. Es könnte genauso gut sein, dass auf Putin der nächste Hardliner folgt und auf Rache aus ist."

Nicht wenige fürchten, dass ein Angriff des ranghöchsten Katholiken ausgerechnet im russisch-orthodoxen Kerngebiet als zusätzlicher Affront gesehen würde. Der Graben zwischen Ost und West könnte sich dadurch sogar noch vergrößern.

Auf diesem Foto von 2019 schien das Verhältnis von Putin und Franziskus noch herzlich zu sein. Damals wäre es Franziskus wohl ein Leichtes gewesen, den russischen Präsidenten sogar aus kürzester Distanz zu treffen.

Die Ankündigung des Papstes, Putin treffen zu wollen, wirft weiterhin zahlreiche Fragen auf: Womit will Franziskus Putin treffen? Will er mit einem Scharfschützengewehr auf einem Dach lauern und im richtigen Moment abdrücken wie auf unserem Symbolbild oben? Plant er, mit einer Pistole das Feuer aus nächster Nähe zu eröffnen und Putin dabei so oft wie möglich zu treffen? Oder greift er als Mann der Heiligen Schrift gar zu einer biblischen Waffe wie etwa einer Steinschleuder, wie sie David im Kampf gegen den Riesen Goliath verwendet hat? Hat der Papst bereits einen Plan für den Fall, dass er Putin zwar trifft, aber nur verwundet? Hat Franziskus bereits Pläne für seinen anschließenden Rückzug? Oder riskiert er eine Verhaftung und möglicherweise Jahre der Gefangenschaft in einem Lager in Sibirien?

Passt ein kaltblütiger Mord überhaupt zu Franziskus? Auch, wenn Putin unbestritten schwere Schuld auf sich geladen hat, widerspricht der Plan, ihn zu treffen, dem sonst eher milden und friedliebenden Kurs des Papstes. Vatikankenner hätten eine solche Aktion eher Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. zugetraut.

Hinzu kommt, dass Putin eine der bestbewachten Personen auf dem Planeten ist. Wie will Franziskus in seine Nähe kommen, um ihn zu treffen? Seine freimütige Ankündigung dürfte sein Vorhaben zusätzlich erschweren, da Putins Leibgarde nun vermehrt nach bewaffneten 85-Jährigen Ausschau halten wird.

Der Postillon hat all diese offenen Fragen in Form eines Fragenkataloges an die Pressestelle des Vatikan geschickt. Bislang erreichte uns keine Antwort. Auch zur Frage, ob der Papst möglicherweise bereits in Richtung Moskau abgereist ist, gibt es keine Stellungnahme. Zumindest hier scheint man im Vatikan dazugelernt zu haben und lässt sich nicht mehr so leicht in die Karten schauen.

adg, ssi, dan; Foto oben: Shutterstock, Foto unten: Imago; Erstveröffentlichung: 6.5.22
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