Brüssel (dpo) - Die EU will Investitionen in Atomkraft künftig als nachhaltig einordnen. Damit dürfte auch die jahrzehntelange Suche nach einem Atommüllendlager beendet sein. Weil radioaktive Abfälle nach der Neueinstufung ebenfalls als nachhaltig und grün zu gelten haben, kann demnach sämtlicher Atommüll Europas problemlos im Hauptquartier der EU-Kommission in Brüssel gelagert werden.
"Uns fällt ein Stein vom Herzen. Damit löst die EU-Kommission die Endlagerproblematik mit einem einzigen genialen Federstrich", freut sich Umweltwissenschaftlerin Antonia Hoffmann von der TU Bonn. "Denn wer beschließt, dass Kernkraft nachhaltig ist, kann ja nichts dagegen haben, wenn die rund 60.000 Tonnen radioaktiven Mülls, die in Europa in Zwischenlagern vor sich hinstrahlen, künftig im eigenen Keller gelagert werden."
Schon jetzt kommen die ersten Lkw mit Fässern voll mit grünem, nachhaltigem Atommüll aus allen Mitgliedsstaaten am Hauptsitz der EU-Kommission in Brüssel an, wo sie entladen werden. Mehrere tausend sollen folgen.
"Die ersten Fässer haben wir direkt mal in Ursula von der Leyens Büro abgestellt", erklärt ein Entsorgungsspezialist des tschechischen Atomkraftwerks Temelin. "Die hat ziemlich rumgebrüllt und wild mit den Armen gefuchtelt. Sicher hat sie nur freundlich Danke gesagt. Ich hab schon gehört, dass auf Deutsch alles ein bisschen ruppiger klingt."
Es gibt allerdings auch kritische Stimmen. So fürchten einige Wissenschaftler, dass der Atommüll entsetzliche Mutationen vor Ort auslösen könnte. Doch bislang hatten die meisten EU-Bürger für Warnungen vor der Entstehung eines gigantischen Bürokratiemonsters in Brüssel lediglich ein Achselzucken übrig.
ssi; Foto: Shutterstock; Erstveröffentlichung: 4.1.22