Berlin (dpo) - Die Große Koalition will heute im Bundestag neue Überwachungsgesetze verabschieden. Besonders hitzig diskutiert wird die heimliche Überwachung verschlüsselter Kommunikation mithilfe des sogenannten Bundestrojaners. Inzwischen mehren sich aber auch Zweifel an der Effektivität der staatlichen Späh- und Abhörsoftware. Denn wie jetzt bekannt wurde, müssen Nutzer vor ihrer Ausspionierung erst den Datenschutzrichtlinien zustimmen und notwendige Cookies akzeptieren.
"Seit Einführung der DSGVO gelten für die Verarbeitung personenbezogener Daten europaweit harte und klare Regeln, die selbstverständlich auch bei der Überwachung Verdächtiger einzuhalten sind", erklärt der Bundesbeauftragte für Datenschutz Ulrich Lemmer. "Das bedeutet, dass Verdächtige erst nach ihrer Zustimmung zu den Datenschutzrichtlinien heimlich überwacht werden dürfen."
Bei Verstößen gegen die DSGVO drohen Bußgelder von bis zu 20 Millionen Euro.
Um die Zustimmung einzuholen, erscheint bei der ersten Nutzung eines mit einem Staatstrojaner infizierten Geräts ein entsprechender Hinweis. Der Nutzer kann entweder komplett alles akzeptieren oder in die Einstellungen gehen und einzelne Überwachungsmaßnahmen aus- oder abwählen.
Sorgen des Innenministeriums, dass durch die Berücksichtigung des Datenschutzes die Überwachung von gefährlichen Kriminellen erheblich erschwert wird, scheinen sich bislang jedoch nicht zu bewahrheiten. Die Erfahrung zeige, dass über 86 Prozent aller Betroffenen ohnehin sofort alles akzeptieren, damit der nervige Hinweis weggeht. Weitere 13 Prozent gehen zwar in die Einstellungen, sind dann aber von den vielen komplizierten Untermenüs so verwirrt, dass sie kurz darauf entnervt ebenfalls "Alles akzeptieren" klicken.
tla, ssi