Berlin (Archiv) - Philipp Köhler, Angestellter einer Berliner Agentur, steckt in der Sinnkrise. Nach einem Jahr als Human Identity Brand Synergist weiß er - wenn er ganz ehrlich ist - immer noch nicht, was er in seinem Job überhaupt macht.
"Damals bei der Bewerbung dachte ich: Human Identity Brand Synergist, das klingt echt super!", erinnert sich der 33-Jährige. "Meine Freunde sind alle Lead Solutions Supervisor, Senior Response Architect, Internal Impact Strategist oder Corporate Assurance Designer und endlich würde ich mithalten können."
Mittlerweile hat sich bei Köhler jedoch Ernüchterung breitgemacht. "Die Kolleginnen und Kollegen sind nett, für 20 unbezahlte Überstunden gibt der Chef eine Runde Sushi aus und am Wochenende habe ich sogar fast immer Urlaub, von daher sind das schon luxuriöse Zustände. Aber was genau mein Job jetzt bewirkt, was am Ende dabei rumkommt und was zum Teufel ich hier überhaupt mache, das kann ich immer noch nicht sagen."
Dabei räumt er ein, womöglich mit falschen Erwartungen angetreten zu sein: "Human Identity Brand Synergist – ich dachte, ich bringe da irgendwie Menschen zusammen, schärfe das Firmenprofil oder so, aber stattdessen bin ich in Calls und Meetings, learne Learnings, pitche Pitches, entwerfe Strategies und monitore Projektfortschritte der Unternehmens-CI, aber was dabei herauskommt, das weiß ich nicht und alle anderen, die hier arbeiten, wissen es genausowenig. Ich kapiere nicht mal, wie meine Agentur Geld verdient oder was wir eigentlich herstellen. Stellen wir was her?"
Die Konsequenz: "Nach einem Meeting zum Customer Engagement, bei dem wieder nur beschlossen wurde, dass wir proaktiv viral gehen müssen, um neue Clippings einzutüten, hat mich das dann so sehr bedrückt, dass ich entschieden habe, erstmal ein Sabbatical einzulegen", erklärt Köhler. Die sechsmonatige Auszeit will er nun nutzen, um bei einem Self Ideation Retreat in der sibirischen Tundra wieder zu sich selbst zu finden.
ejo, ssi; Foto: Shutterstock; Erstveröffentlichung: 18.2.21