Berlin (dpo) - Es ist wieder soweit: Die Führungsspitze der SPD hat am Wochenende bei einem Treffen im Willy-Brandt-Haus in Berlin den Beginn des traditionellen linken Halbjahres vor wichtigen Wahlen eingeläutet. In dieser Zeit ist das Spitzenpersonal darum bemüht, die SPD wie eine Partei wirken zu lassen, die Politik für Arbeiter und Geringverdiener macht.
"Liebe Genossinnen und Genossen, das traditionelle linke Halbjahr vor wichtigen Wahlen ist hiermit feierlich eröffnet", verkündete die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles und klingelte laut hörbar mit der sogenannten "Glocke des kleinen Mannes". Nachdem der Applaus abebbte, erklärte sie: "Jetzt ist die Zeit gekommen, in der wir uns für einige Monate auf unsere sozialdemokratischen Wurzeln zurückbesinnen – zumindest bis die Europawahl, die Landtagswahlen in Bremen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie die Kommunalwahlen in mehreren Ländern vorbei sind."
Ab sofort sei es SPD-Wahlkämpfern zur Schärfung des linken Profils der Partei ausdrücklich erlaubt, soziale Forderungen zugunsten der Arbeiterschaft zu formulieren: "Höhere Löhne, eine Abkehr von der Agenda 2010, Steuern runter, Steuern rauf für Reiche, höhere Renten – völlig egal!", so Nahles. "Aber bitte beachtet, liebe Genossen: Am Montag nach den Wahlen werde ich diese Glocke noch einmal läuten. Und ab diesem Zeitpunkt muss das alles wieder vergessen sein."
Traditionelle linke Halbjahre vor Wahlen seit 2005:
Parteienforscher versuchen bis heute herauszufinden, warum es in Deutschland Wähler gibt (immerhin 10 bis 20 Prozent), die immer noch auf das traditionelle linke Halbjahr der SPD hereinfallen. "Hier scheinen ähnliche psychische Prozesse abzulaufen wie bei einer vom Partner misshandelten Person", erklärt Parteienforscher Walter Rebke. "Der Wähler redet sich vor jeder Wahl ein, dass die reumütige SPD es dieses Mal ernst meint und ihr Verhalten wirklich zugunsten der Schwächeren in unserer Gesellschaft ändert."
Doch damit sieht es schlecht aus. Üblicherweise folgen nämlich auf das traditionelle linke Halbjahr vor Wahlen die traditionellen dreieinhalb arbeitgeberfreundlichen Jahre, die von Freihandelsabkommen, Privatisierungen, Klientelpolitik und sozialen Kürzungen geprägt sind.
ssi, dan; Foto oben: dpa; Hinweis: Artikel erschien schon so ähnlich 2017 (damals aber noch mit 20-30%).
"Liebe Genossinnen und Genossen, das traditionelle linke Halbjahr vor wichtigen Wahlen ist hiermit feierlich eröffnet", verkündete die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles und klingelte laut hörbar mit der sogenannten "Glocke des kleinen Mannes". Nachdem der Applaus abebbte, erklärte sie: "Jetzt ist die Zeit gekommen, in der wir uns für einige Monate auf unsere sozialdemokratischen Wurzeln zurückbesinnen – zumindest bis die Europawahl, die Landtagswahlen in Bremen, Brandenburg, Sachsen und Thüringen sowie die Kommunalwahlen in mehreren Ländern vorbei sind."
Ab sofort sei es SPD-Wahlkämpfern zur Schärfung des linken Profils der Partei ausdrücklich erlaubt, soziale Forderungen zugunsten der Arbeiterschaft zu formulieren: "Höhere Löhne, eine Abkehr von der Agenda 2010, Steuern runter, Steuern rauf für Reiche, höhere Renten – völlig egal!", so Nahles. "Aber bitte beachtet, liebe Genossen: Am Montag nach den Wahlen werde ich diese Glocke noch einmal läuten. Und ab diesem Zeitpunkt muss das alles wieder vergessen sein."
Traditionelle linke Halbjahre vor Wahlen seit 2005:
Wir erinnern uns: So sah das traditionelle linke Halbjahr vor der Bundestagswahl 2005 aus. Vorher (1998-2005): Mehrwertsteuer rauf, Privatisierungen, Hartz IV, Arbeitsmarktflexibilisierung usw. usf.
Das traditionelle linke Halbjahr 2009. Vorher (2005-09): Geld für Bankenrettung, Rente mit 67
Das traditionelle linke Halbjahr 2013. Danach (2013-17): Vorratsdatenspeicherung, Freihandelsabkommen, Waffenhandel
Das traditionelle linke Halbjahr 2017 inklusive Absage an eine Neuauflage der Großen Koalition. Danach (2018-heute): Große Koalition
Parteienforscher versuchen bis heute herauszufinden, warum es in Deutschland Wähler gibt (immerhin 10 bis 20 Prozent), die immer noch auf das traditionelle linke Halbjahr der SPD hereinfallen. "Hier scheinen ähnliche psychische Prozesse abzulaufen wie bei einer vom Partner misshandelten Person", erklärt Parteienforscher Walter Rebke. "Der Wähler redet sich vor jeder Wahl ein, dass die reumütige SPD es dieses Mal ernst meint und ihr Verhalten wirklich zugunsten der Schwächeren in unserer Gesellschaft ändert."
Doch damit sieht es schlecht aus. Üblicherweise folgen nämlich auf das traditionelle linke Halbjahr vor Wahlen die traditionellen dreieinhalb arbeitgeberfreundlichen Jahre, die von Freihandelsabkommen, Privatisierungen, Klientelpolitik und sozialen Kürzungen geprägt sind.
ssi, dan; Foto oben: dpa; Hinweis: Artikel erschien schon so ähnlich 2017 (damals aber noch mit 20-30%).