Berlin (Archiv) - Schreitet die Verdummung im Land der Dichter und Denker immer weiter fort? Dönerverkäufer Hassan Sayim aus Berlin jedenfalls kann sich nur wundern, wie wenige seiner meist deutschen Kunden sich in ihrer eigenen Muttersprache korrekt artikulieren können. Denn mehrmals täglich wird bei ihm Döner "mit alles", "mit scharf", "ohne scharf" oder gar "mit ohne scharf" bestellt.
"Als Deutscher würde ich mich schämen, so etwas in der Öffentlichkeit zu sagen", erklärt Sayim, während er gerade Fleisch vom Dönerspieß schneidet. "Dass die Lahmacun nicht richtig aussprechen können – geschenkt. Aber wie schwer ist es denn bitte, 'einen Döner mit allem' zu bestellen? 'mit allemmmmmm'. Nennt sich Dativ, vierte Klasse Grundschule."
Noch schockierender empfindet Sayim die ihm häufig entgegengebrachte Formulierung "mit scharf" oder "ohne scharf". "'mit alles' ist ja noch ein kleiner verzeihlicher Casusfehler, aber eine Präposition mit einem Adjektiv zu kombinieren… Das tut doch einfach nur weh. Was sind das nur für Leute, die so etwas sagen? Trinken die morgens ihren Kaffee 'mit süß' oder wie?"
Sayim versteht nicht, warum seine Kunden nicht imstande sind, in grammatikalisch korrekten ganzen Sätzen zu ihm zu sprechen: "'Einen Döner mit allem, bitte. Und könnte ich ein wenig Chili-Pulver darauf haben?' Das kann doch nicht so schwer...!"
Sayim hält inne: "Moment, da kommt ein neuer Kunde. Wenn ich jetzt nicht extra dumm tue, versteht der mich gar nicht, passen Sie auf: Guten Tag der Herr, was darf's denn sein?" Der Kunde blickt ihn irritiert an. "Hä?" Hassan Sayim rollt mit den Augen und versucht es noch einmal: "Hallo ihr Bestellung bitte. Eine Döner? Mit alles? Hier esse oder mitnehme? Ja bitte setze, kommt sofort." Der Kunde entspannt sich sichtlich und entgegnet: "Jo, aber mit ohne scharf, ne? Und schnell. Ich muss gleich Bahnhof."
ejo, dan, ssi; Foto: Shutterstock; Erstveröffentlichung: 10.10.17