Lange waren sie eine Randerscheinung, jetzt stehen sie plötzlich im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit – dabei wissen die meisten Deutschen erschreckend wenig über die sogenannten "Reichsbürger". Wer sind die? Sind sie wirklich so reich? Hier erfahren Sie alles, was Sie jetzt wissen müssen:
Was sind "Reichsbürger"?
Die Reichsbürgerbewegung umfasst mehrere Einzelpersonen und Gruppen, die sich selbst als "Reichsbürger", "Staatsangehörige des Freistaates Preußen" oder "Michael-Wendler-Fanclub" bezeichnen. Sie erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an, sondern beharren darauf, dass das Deutsche Reich in den Grenzen von 1914 oder 1937 fortbesteht. Seltsamerweise fordert niemand das Deutsche Reich in den Grenzen von April 1945 (Fläche des Führerbunkers).
Woran erkennt man "Reichsbürger"?
"Reichsbürger" schmücken sich gerne mit Uniformen, Ämtern und Titeln, die sie sich selbst ausgedacht haben. Damit sind sie also Karnevalisten sehr ähnlich – nur lustiger. Seltsamerweise bekleidet nahezu jeder "Reichsbürger" in seiner Fantasiewelt einen hohen Posten wie "Hoher Kommissarischer Reichsrat", "Vize-Kaiser des Inneren" oder "Kanzler der provisorischen Reichsregierung Eckernförde-Ost", während es in der ganz realen Bundesrepublik meist nur für das Seepferdchen oder den Titel "Mr. Germany" reicht.
Wie stehen die "Reichsbürger" zur Bundesrepublik Deutschland?
Bei der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich aus Sicht der "Reichsbürger" um keinen echten Staat, sondern lediglich um eine "BRD GmbH", die den Anschein von Staatlichkeit erwecken soll. Andere Reichsbürger gehen lieber von einer BRD-GbR oder einer BRD-Ich-AG aus. Deutschlands Bürger sind dieser Theorie zufolge nur das Personal, was schon allein deshalb absurd ist, weil in einer richtigen Firma längst 80 Prozent des unfähigen und überteuerten deutschen Personals nach China (laut "Reichsbürgern" Kaiserreich China) oder Indien (laut "Reichsbürgern" Britisch Indien) outgesourcet wären.
Wieso Personal?
"Reichsbürger" argumentieren, dass der Begriff "Personalausweis" ein eindeutiger Beweis ist, dass die Deutschen keine mündigen Bürger sind, sondern nur Personal – ganz so, wie ein Büchereiausweis zweifelsfrei belegt, dass man kein Mensch ist, sondern eine Bücherei.
Sind Reichsbürger gefährlich?
In der Regel handelt es sich bei Reichsbürgern um ganz normale Menschen, die friedliche Absichten hegen wie etwa den Rückgewinn der verlorenen Reichsgebiete im Osten – das sollte nun wirklich niemandem Angst machen! Von einzelnen Reichsbürgern ist also absolut nichts zu befü- ... Waffen wegnehmen, sagen Sie? Rechnen Sie mit Toten.
Wie schmecken die denn?
Meinen Sie vielleicht "Reisburger"? Die Begriffe klingen zwar ähnlich, bezeichnen aber völlig unterschiedliche Dinge. Falls Sie aber wirklich "Reichsbürger" meinten: Sie schmecken weitgehend genauso wie normale Bürger Deutschlands. Allenfalls das Hirn schmeckt ein wenig sonderbar.
Ich möchte auch dazugehören. Wie kann ich Reichsbürger werden?
Das ist gar nicht schwer: Werden Sie zunächst seriöser Wissenschaftler und entwickeln Sie eine Zeitmaschine. Anschließend reisen Sie zurück in eine Zeit, in der es das Deutsche Reich noch gab (wir raten dazu, 1933-1945 zu meiden) und beantragen eine ordentliche Passkarte, die Sie als Reichsbürger ausweist. Stellen Sie anschließend fest, dass das Leben zu dieser Zeit schrecklich anstrengend und entbehrungsreich war und reisen Sie wieder in die Zukunft, um Ihr jüngeres Ich am Bau der Zeitmaschine zu hindern. Bringen Sie sich dabei versehentlich um und verschwinden Sie auf allen Zeitebenen. Schade. Ein Leser weniger.
Haben die "Reichsbürger" recht?
Nein. Alles woran die "Reichsbürger" glauben, ist absoluter Blödsinn. In Wahrheit leben wir im Germanischen Fürstentum Postillon, in dem der Chefred. des Postillon alleiniger Souverän ist. Apropos: Haben Sie in diesem Jahr schon Ihre Postillon-Zwangsabgabe (pauschal 78% Ihres Einkommens) gezahlt? Nein? Dann bekommen Sie bald Besuch von der Postillonizei. Verhalten Sie sich kooperativ, Untertan!
ssi, dan, dav; Foto Reichsbürger: Dirk Ingo Franke, CC BY-SA 3.0, Foto Reisburger: CapnPrep, CC BY-SA 2.5; Erstveröffentlichung: 21.10.16