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Nach Zoff zwischen Anklage und Verteidigung: NSU-Urteil wird im Losverfahren bestimmt

München (dpo) - Die Befangenheitsanträge am ersten Verhandlungstag haben es bereits erahnen lassen: Im NSU-Prozess herrschte auch heute erschreckende Uneinigkeit zwischen Staatsanwaltschaft, Nebenklägern und Verteidigung. Um ein weiteres PR-Desaster zu vermeiden, will Karl Huber, der Präsident des Oberlandesgerichts, das umstrittene Verfahren nun per Losziehung entscheiden lassen.

"Wenn die Vergangenheit eines gezeigt hat, dann, dass wir uns nach dem Sitzplatzdesaster schon aus Imagegründen kein erneutes juristisches Gezerre leisten können," erklärte er heute. "Die Positionen im NSU-Prozess sind so festgefahren, der Medien-Rummel so groß, dass ich keine Alternative zum Losverfahren sehe, wenn wir einen monatelangen Streit vor den Augen der Öffentlichkeit abwenden wollen."
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Für die Auslosung, die unter notarieller Aufsicht stattfinden wird, wurde bereits ein ausgeklügeltes Verfahren entwickelt. So soll für jeden der mutmaßlichen NSU-Unterstützer ("Angeklagte: national") aus verschiedenen Lostöpfen gezogen werden. Lostopf 1 entscheidet zwischen "schuldig" und "nicht schuldig (Freispruch)". Wird "schuldig" gezogen, geht es weiter mit Lostopf 2 ("Geldstrafe", "Haftstrafe", "Bewährung", "Sozialstunden"). Die Lostöpfe 3a, 3b, 3c und 3d schließlich bestimmen dann die Höhe der jeweiligen Strafe.
Mit seinem Vorstoß erntete Huber großes Lob von Rechtsexperten und Journalisten, die noch von der Berichterstattung über den erbitterten Sitzplatzstreit nervlich ausgezehrt sind. "Ich glaube, alle sind sehr erleichtert, wenn diese unselige Episode bald ein für alle mal beendet ist", gesteht etwa Justizexperte Wolfgang Steiner. "Die Erfahrung zeigt, dass das OLG München im Umgang mit Losverfahren stets Sicherheit und Kompetenz an den Tag gelegt hat. Daher bin ich zuversichtlich und tippe auf 72 Jahre Haft für Brigitte."
dan; Foto oben: © Janina Dierks - Fotolia.com
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