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Menschliches Erinnerungsvermögen verstößt gegen Datenschutz

Bonn (dpo) - Es legt Bewegungsprofile an, es kann Gesichter aus jeder erdenklichen Perspektive der richtigen Person zuordnen und es sammelt und wertet alle nur erdenklichen Informationen aus: Diese Datenschutzverstöße werden nicht etwa Facebook oder Google angelastet, sondern dem menschlichen Erinnerungsvermögen. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, deren Ergebnis die Bundesbeauftragte für Datenschutz Andrea Voßhoff heute in Bonn vorgestellt hat.

Demnach sammle und speichere das Erinnerungsvermögen eines jeden einzelnen Menschen selbst während alltäglicher Handlungen derart viele Daten, dass soziale Netzwerke und Internetsuchmaschinen vergleichsweise harmlos wirken.
Voßhoff erklärte resigniert: "Unsere Erkenntnisse zeigen, dass das menschliche Gehirn mit einer riesigen Datenkrake vergleichbar ist, deren Bekämpfung sich als nahezu unmöglich erweisen dürfte."
Das Tragen einer Sturmhaube hilft nur wenig, weil man schnell als Freak abgespeichert wird
So können durch das menschliche Erinnerungsvermögen völlig ohne Videoüberwachung Bewegungsprofile erstellt ("Der Typ mit der Hornbrille fährt ja auch jeden Tag mit derselben S-Bahn") oder sogar das komplette Kaufverhalten analysiert und dazu benutzt werden, durch personalisierte Produktempfehlungen den Umsatz zu steigern ("Für Sie wieder dasselbe wie gestern?").
Als sehr problematisch ist auch die serienmäßig integrierte Gesichtserkennung des menschlichen Erinnerungsvermögens einzustufen. Zwar erleichtert die Speicherung dieser Daten beispielsweise eine persönliche Begrüßung in der Stammkneipe an der Ecke, jedoch werden damit automatisch auch weitere personenbezogene Daten verknüpft und Bewegungsprofile erstellt ("Der säuft sich wohl jeden Abend zu").
Anders als etwa Cookies im Browser sind derartige Erinnerungen noch nicht einmal manuell löschbar. Stattdessen werden sie teilweise über Jahrzehnte in menschlichen Gehirnen gespeichert und können nach kurzem Nachdenken jederzeit abgerufen werden. Manche Daten werden sogar mündlich und ohne Genehmigung Betroffener an Dritte weitergegeben ("Hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass XY...?"). Bisweilen werden gespeicherte Daten dabei verfälscht oder gar maßlos übertrieben.
Um die Datensammelwut des menschlichen Erinnerungsvermögens einzudämmen, fordert Voßhoff nun, dass alle Menschen künftig eine Augenbinde und Ohrenschützer tragen müssen. Diese dürfen sie nur abnehmen, wenn das jeweilige Gegenüber in eine Speicherung und Verwendung seiner persönlichen Daten einwilligt ("Opt-in"). Bis dies durchgesetzt ist, rät Voßhoff allen, die Wert auf ihre Privatsphäre legen, eine Sturmhaube oder Burka zu tragen und sicherheitshalber zu schweigen ("Opt-out").
mpl, ssi; Foto oben: © DDRockstar - Fotolia.com, Foto rechts: PER9000, CC BY-SA 2.5
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